Von: Dr. Joachim Pfeiffer MdB [mailto:joachim.pfeiffer@bundestag.de] Gesendet: Freitag, 23. Juli 2010 11:01 An: info@parkschuetzer.de Betreff: Stuttgart 21 Sehr geehrte Damen und Herren Möchtegern-Parkschützer, vielen Dank für Ihren Brief vom 15. Juli 2010. Sie fragen, ob ich bereit sei, für einen sofortigen Ausstieg aus Stuttgart 21 einzutreten. Dies beantworte ich mit einem klaren Nein und erläutere gerne ausführlich, warum. Der wahre Parkschützer ist Stuttgart 21, denn nur mit diesem Projekt gibt es mehr Grün und eine Parkerweiterung um 20 Hektar. Die Fakten sprechen eine klare Sprache: Es müssen zwar 282 Bäume für eine erstmals freie Sichtachse von der Innenstadt auf das erhöht liegende Schloss Rosenstein geopfert werden. Wo Bäume erhalten bleiben können, bleiben sie stehen und die gefällten Bäume werden durch 293 teilweise 12 Meter hohe Bäume ersetzt. Entscheidend aber bleibt: In den erweiterten Parkanlagen und dem neu entstehenden Rosensteinviertel finden rund 5.000 neue Bäume ihren Platz. Der Schlossgarten selbst wird seiner Funktion als "grüne Lunge" in der Stadt dadurch viel besser nachkommen können. Es ist langsam unerträglich wie hier mit Halbwahrheiten und Lügen operiert wird. Ich ewarte vom BUND, wenn er schon das Projekt mit seinen riesigen Chancen und Vorteilen für Stadt, Region und Land nicht versteht oder verstehen will, dass er zumindest mehrfache und höchst demokratische Entscheidungen und damit die Legitimität des Projektes akzeptiert. Wenn er das nicht tut, diskreditiert er sich in dieser und in anderen Fragen als ernstzunehmender Gesprächspartner. Unten angehängt finden Sie 21 gute Gründe für Stuttgart 21. Ich erwarte, dass Sie sich damit auseinandersetzen und höre anschließend gerne Ihre Bewertung. Mit freundlichen Grüßen Dr. Joachim Pfeiffer MdB ------------------------------- Deutscher Bundestag Post: Platz der Republik 1, 11011 Berlin Haus: Jakob-Kaiser-Haus, Zi. 6.364, 10117 Berlin Fon (030) 227-75213, Fax (030) 227-76214 1. Mit dem Bahnknoten Stuttgart und der Neubaustrecke nach Ulm wird das Reisen durch Europa komfortabler und schneller. Die Züge müssen an der Geislinger Steige, dem größten Engpass des europäischen Schienennetzes, nicht mehr herunterbremsen. Von Stuttgart nach München dauert eine Zugfahrt nur noch gut eineinhalb Stunden. 2. In Baden-Württemberg kreuzen sich die Ost-West-Magistrale von Paris nach Wien, Bratislava und Budapest, sowie die Nord-Süd-Magistrale von Amsterdam nach Sizilien. Das Land wird zentraler Knotenpunkt im europäischen Hochgeschwindigkeitsnetz und rückt in Europas Mitte. Man gelangt so schnell in alle Richtungen. 3. Fern- und Regionalverkehr werden durch den neuen Schienenring in Stuttgart schneller und besser aufeinander abgestimmt. Die Fahrgäste profitieren von kürzeren Reisezeiten. Umsteigen muss man nur noch auf wenigen Strecken, weil die Züge nicht mehr im Hauptbahnhof enden und es dadurch mehr Direktverbindungen gibt. 4. Die Idee, einen Durchgangsbahnhof zu bauen, ist mehr als hundert Jahre alt. Sie scheiterte damals an den technischen Möglichkeiten. Mit dem neuen Bahnknoten in Stuttgart wird diese Idee nun verwirklicht. Das heißt, mit nur halb so viel Gleisen können hier künftig deutlich mehr Züge ein- und ausfahren, weil sie sich nicht mehr gegenseitig blockieren. 5. Stuttgart bekommt drei neue, barrierefreie Bahnhöfe: den Flughafenbahnhof, den Hauptbahnhof und die S-Bahnstation Mittnachtstraße. Der Zugang zum Bahnverkehr wird für alle Reisenden einfacher und bequemer. Der Durchgangsbahnhof verbessert auch den Regionalverkehr und ermöglicht schnellere und direkte Verbindungen. So gelangen Fluggäste vom Hauptbahnhof in acht Minuten zum Bahnhof Flughafen/ Messe. 6. Durch den neuen Bahnhof Flughafen/Messe rücken die Innenstadt, der Flughafen und das Messegelände näher zusammen. Gleichzeitig entsteht auf den Fildern ein vernetztes Verkehrsangebot für Auto-, Zug- und Flugverkehr. Somit wird der neue Bahnhof zum Dreh- und Angelpunkt für den gesamten Filderraum mit seinen rund 150.000 Einwohnern und 100.000 Arbeitsplätzen. 7. Die neue S-Bahn-Station Mittnachtstraße bindet das künftige Rosensteinviertel an das S-Bahn-Netz der Region Stuttgart an. Dort halten alle S-Bahn-Linien, dadurch wird das Umsteigen zwischen Feuerbach und Bad Cannstatt schneller und bequemer. Darüber hinaus wird der Hauptbahnhof entlastet. 8. Mit dem Bahnprojekt Stuttgart-Ulm werden die Fahrzeiten im Fern- und Regionalverkehr erheblich kürzer. So braucht man heute von Stuttgart zum Flughafen 27 Minuten, künftig werden es nur noch 8 Minuten sein. Die Fahrtzeit von Stuttgart nach Ulm verkürzt sich von 54 Minuten auf 28 und die Fahrtzeit zwischen Backnang und Nürtingen reduziert sich von 84 auf 46 Minuten. 9. Der Umbau des Bahnknotens Stuttgart bringt mehr Verkehr in Stadt und Region auf die Schiene und entlastet damit den Straßenverkehr. Dies hat positive Auswirkungen für die Umwelt. Wissenschaftlicher haben errechnet, dass rund 18 Millionen Pkw-Fahrten mit 350 Millionen Kilometern pro Jahr von der Straße auf die Schiene verlagert werden. Das erspart der Umwelt jährlich rund 70.000 Tonnen Kohlendioxid. 10. Wegen der neuen Schnellfahrtstrecke fährt ein Großteil der Fernzüge nicht mehr durch das Neckartal. Die neue Trasse führt künftig vom Hauptbahnhof durch den Fildertunnel auf die Filder. Durch den Ringverkehr fahren die Züge künftig unterirdisch durch die Stadt. Das heißt: mehr Schienenverkehr, aber weniger Lärm, da mehr als 30 Kilometer der Strecke in Tunneln verlaufen. 11. Die heute mit Gleisen belegten Flächen werden als Bauland optimal genutzt, um der Nachfrage nach Wohnraum gerecht zu werden. Damit können Flächen auf der "grünen Wiese" geschont werden. Sechzig Hektar Neubauflächte wurden aus dem Flächennutzungsplan gestrichen, denn Stuttgart soll auf den alten Gleisflächen wachsen. 12. Die Stad hat frühzeitig die Flächen im Rosensteinviertel gekauft und sorgt dafür, dass neue Gebäude umweltfreundliche Energien nutzen. Ziel ist ein CO2-neutraler Stadtteil. 13. Wo heute noch Züge fahren, werden nach der Fertigstellung von Stuttgart 21 über 100 Hektar Gleisfläche frei. Die Stadt kann sich somit als Zentrum neu entwickeln. Die in der Innenstadt liegenden Gleisflächen verschwinden. So können die Stadteile im Stuttgarter Norden und Osten wieder zusammenwachsen. 14. Mit dem Entwurf des Architekten Christoph Ingenhoven setzt die Bahn ein markantes Zeichen in der Landeshauptstadt. Der Tiefbahnhof mit seiner außergewöhnlichen Form und seiner mit Tageslicht durchfluteten Bahnsteighallte ist bisher einzigartig in der Architekturgeschichte. Der weiterhin sichtbare Bonatzbau bleibt mit dem Bahnhof verbunden. 15. Das neue Europaviertel schließt direkt an den Schlossgarten an. Umgeben vom Rosensteinpark entsteht das neue Rosensteinviertel - zentral, mit optimaler Anbindung an Schiene und Straße mitten im Grünen. Die Stadt schafft Lebensraum in bester Lage, zum Wohnen und Arbeiten für mehr als 35.000 Menschen. 16. Der Schlossgarten und der Rosensteinpark sind wichtige Naherholungsgebiete für die Stuttgarter Bürger. Mit Stuttgart 21 entstehen Parkflächen in der Größe von rund 20 Fußballfeldern, die für bessere Luft sorgen. Die Grünanlagen mit ihren rund 5.000 neu gepflanzten Bäumen werden zusätzlich Kohlendioxid und Feinstaub aus der Luft binden. 17. Durch das Bahnprojekt Stuttgart-Ulm werden Stadt, Region und Land Teil der wirtschaftlichen Entwicklungsachse im Herzen Europas. Der Wirtschaftsstandort wird in seiner Zentralität aufgewertet. Die verbesserte Verkehrsanbindung innerhalb Europas führt zu wirtschaftlichem Wachstum. 18. In den nächsten Jahren werden alleine in Stuttgart drei Milliarden Euro Bauvolumen in den Umbau des Bahnknotens und vier Milliarden Euro in die städtebauliche Entwicklung investiert. Das bringt die Bauwirtschaft in Schwung und schafft rund 4000 neue Arbeitsplätze. Die verkehrsgünstige Lage des Europaviertels erleichtert die Ansiedlung von Dienstleistungen mit tausenden neuen Arbeitsplätzen. 19. Die Deutsche Bahn AG, das Land, die Landeshauptstadt Stuttgart und die Region stehen als starke Partner hinter einer soliden Planung und Finanzierung des Bahnprojekts. Erstmals bei einem Projekt dieser Größenordnung wurden Kostenrisiken schon vor Projektbeginn umfassend analysiert und finanziell abgesichert. 20. Durch Investitionen, neue Einwohner und neue Arbeitsplätze haben das Land und die Stadt auf Dauer deutliche mehr Einnahmen aus Umsatzsteuer, Einkommenssteuer, Gewerbesteuer, Grundsteuer und Grunderwerbsteuer. Das bedeutet, dass die Stadt Stuttgart langfristig mehr Steuern einnimmt, als ihr Finanzierungsanteil am Bahnprojekt kosten wird. Die Verbesserung des Wirtschaftsstandortes wird zu weiteren Arbeitsplätzen und damit zu höherem Steueraufkommen führen. 21. Durch die europäische Hochgeschwindigkeitstrasse rückt Stuttgart in die Mitte Europas und kann so zum Herzen Europas werden. Das Bahnprojekt Stuttgart-Ulm ist deshalb eine einmalige Jahrhundertchance. Die Weichen werden neue gestellt. Das investierte Geld wird langfristig hohe Zinsen tragen: für die Zukunft von Stadt, Region und Land und für die kommenden Generationen.